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Finanzmarkt-Analyst Leo Schrutt

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Leonardo da Vinci gilt als das Universalgenie der Renaissance. Er brillierte als Maler, Bildhauer, Architekt, Anatom, Mechaniker, Ingenieur und Naturphilosoph. Als Künstler hat ihn das bekannteste Bild der Welt unsterblich gemacht: die Mona Lisa, mit dem millionenfach interpretierten Lächeln.

Derartige Kompetenzen, wie man heute sagen würde, sind aus der Mode gekommen. Es zählt ein dimensionales Fachwissen der Spezialisten!

Blickt man in die Vita von Dr. Leo Schrutt, erkennt man mindestens den Hauch von da Vinci, einen Generalisten mit überdurchschnittlichen Kompetenzen in unterschiedlichsten Disziplinen. Verhinderter Fußball-Profi, Doktor der Staatswissenschaften, Wirtschafts- und Finanzwissenschaftler, Mediziner, Mathematiker und Naturwissenschaftler, Bataillons-Kommandeur im Range eines Majors, Finanzanalyst… Und jetzt, nach 35 Jahren internationaler Karriere: Top-Manager für Mobile Payment, Cashback und Kryptowährungen!

Die Corona-Pandemie wirft seit über zwei Monaten ihre Schatten auf das gesellschaftliche Miteinander, die weltweite Wirtschaft und die Finanzmärkte. Wir treffen Dr. Leo Schrutt, um mit ihm über Chancen und Risiken der aktuellen Schieflage zu sprechen, die aus dem Coronavirus resultiert. Bis vor einigen Jahren hat der „Corporate Entrepreneur“, wie sich der inzwischen 63-jährige selbst bezeichnet, immer wieder für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Leo Schrutt nutzte immer wieder namhafte, meinungsbildende Medien wie die renommierte Neue Züricher Zeitung, um seine Finger – analytisch messerscharf – in die Wunden der eigenen Branche zu legen.

Schon lange vor der Finanzkrise 2009 monierte der Schweizer öffentlich „regelrechte Exzesse“ bei den Bonuszahlungen von Bankern. Als Mitglied der Julius Baer-Konzernleitung war es sein Auftrag, das alteingesessene Bankhaus zukunftsfähig zu machen und dabei im Bereich Research auf dezentrale Anlagestrategien auszurichten.

Unter seiner Führung wurden die beiden Sparten Institutionelles Geschäft und Anlagefonds zusammengelegt, was sich auf der Basis von Synergien im wahrsten Sinne des Wortes, trotz erheblicher Widerstände unterschiedlichster Stakeholder, als goldrichtig erwies. Beim Blick in die Zukunft der Börsen und Aktien verwies Leo Schrutt schon damals auf die wachsende Bedeutung der Hedgefonds „die sich für Anleger hervorragend zur Diversifikation des Portefeulilles eignen.“

Herr Dr. Schrutt, wissen Sie noch welche Aktien Sie nachlesbar in der NZZ vom 8. Dezember 2002 empfohlen haben?

Helfen Sie mir…

Nestlé, Logitech und Novartis waren Ihre Favoriten. Nestlé notierte damals bei 21,60 Euro und liegt tagesaktuell bei 98,60, Logitech stand bei ca. 13,50 Euro und punktet aktuell mit 49,52, Novartis schaffte es immerhin von rund 30 Euro auf 78,50. Und das alles noch mit aktuellen Kursdellen aus dem Corona-Schock! Waren Sie ein Seher?

(Lacht) Ich bitte Sie – man musste kein Hellseher sein, um das vorauszusehen. Die logischen Fakten haben das damals plausibel hergegeben.

Seit einigen Jahren haben Sie sich in der Öffentlichkeit rar gemacht. Warum?

Ich bin nicht verschwunden. Aber so um 2007 herum habe ich mich aus der ganz großen Verantwortung etwas zurückgezogen um endlich Dinge machen können, die noch mehr spaßgetrieben, aber nicht weniger ambitioniert, waren.  

Was bereitet mehr Spaß: als Top-Manager bei der riesigen Bank Credit Suisse oder beim feinen Kreditinstitut Julius Baer zu sein? 

Mit über 50 hat es mich damals einfach gereizt, noch mal zu beweisen, was in mir steckt. Quasi eine Art verspätete Midlife-Crisis (lacht). Ich war zwei Jahre bei einer eher kleineren Schweizer Investment-Firma, die einen amerikanischen Mehrheitsaktionär hatte. Diese Gesellschaft habe ich innerhalb kürzester Zeit profitabel gemacht. Und dann hat es sich einfach so ergeben, dass ich als externer Consultant und Management-Coach diverse Banken und Pensionsfonds auf allen Erdteilen beraten durfte.

Als Schweizer Banker gehört es zum guten Ton, die drei Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch zu sprechen, Englisch ist eh obligatorisch. Im Laufe der Zeit kamen dann noch vier Sprachen dazu. In Arabisch kann ich zwar keine Vorlesungen abhalten, aber für einen Smalltalk über gutes Essen, Fußball oder Finanzpolitik langt es allemal. 

Apropos Fußball: Stimmt es, dass Sie diesen Sport mal leidenschaftlich betrieben haben?

Das stimmt: Aber ich behaupte nicht nur leidenschaftlich, sondern auch sehr gut. Vor gefühlt einer Ewigkeit wäre ich sogar beinahe Fußball-Profi bei meinem geliebten FC Basel geworden. Ich habe damals mit Ottmar Hitzfeld in der Jugend zusammengespielt. Für meinen Vater war das ein Unding! Fußball als Beruf – ein „No-Go“! Im Nachhinein muss ich gestehen, allerdings immer noch leidvoll, dass es wohl der richtige Weg war, mich zur Uni zu schicken.

Haben Sie heute noch Bezug zum Fußball? Außer normaler Fan zu sein…

Ja. Ich bin sogar, wie man so schön sagt, mitten drin und nicht nur am Rande dabei. Ich freue mich schon auf einen Termin Anfang Juni mit Christian Constantin, dem Patron vom Walliser Kult-Club FC Sion. Wir sind hier seit kurzem Sponsor, um gemeinsam mit dem Club unser Produkt einzuführen.

Was machen Sie aktuell beruflich, um mit dem Enfant Terrible des Schweizer Fußballs dinieren zu können? 

Ob es ein Dinner oder Lunch wird, kann ich noch nicht sagen. Was ich aber definitiv weiß: Herr Constantin ist ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann. Ohne ihn wären die jüngsten Erfolge des FC Sion nur schwer denkbar. Seine Ideen und Vorgehensweisen im Fußball, insbesondere jetzt gerade, während der Corona-Krise, setzen Impulse. Kreativität, Mut und Entscheidungskompetenz kann man ihm sicher nicht absprechen, auch wenn er nicht immer diplomatisch ist, wie sich das für einen Schweizer Fußball-Funktionär anscheinend gehört.  

Ich bin im Herbst meines Schaffens, wenn ich das mal so sagen darf, für eine Schweizer Unternehmensgruppe verantwortlich, deren Kernprodukt ein innovatives Mobile Payment- und Cashback-System mit dem Namen wee ist. Im Wallis digitalisieren wir das Stade de Tourbillon und vernetzen es in unserer technologischen Infrastruktur mit dem von uns ebenfalls digitalisierten Einzelhandel in der Westschweiz, seinen Kunden und den Fans des FC Sion. Wer als Kunde wee nutzt, kann beispielsweise beim Heimspiel konsumieren und Rabatte als wee sammeln. Diese wee kann der Fan dann als Kunde beim Einkaufen – egal ob in unserem System angeschlossener Friseur, Metzger oder Bäcker – einsetzen und dabei Geld sparen.

 Es gilt für uns alle die Vision des Founders und Mehrheitsaktionärs, Cengiz Ehliz, umzusetzen. Genau das machen wir gerade unter Hochdruck in Europa. Ich bin seit zwei Jahren der Verwaltungsratspräsident in der Muttergesellschaft, der Swiss Fintec Invest AG, und seit kurzem auch deren Chief Financial Officer. Parallel dazu hat mir der oberbayerische Unternehmer mit den türkischen Wurzeln auch den Job des Chairman in einer Gesellschaft verpasst, mit der wir gerade einen IEO, also einen Krypto-Börsengang, an führenden internationalen Exchanges erfolgreich realisiert haben.

Welche Auswirkung hat die aktuelle Pandemie auf Sie selbst und das Ihnen anvertraute Business?

Mir selbst geht es gut, was ja nicht die Regel sein muss, glaubt man den Virologen, die mich und meine Generation als Risiko-Zielgruppe für COVID-19 ansehen. Ich beuge mich natürlich den Ausgangsbeschränkungen, was mich zuletzt daran gehindert hat, geschäftlich mobil agieren zu können. Andererseits habe ich mich aber auch an die Videokonferenzen gewöhnt, die eine ernstzunehmende Alternative zu bisherigen Meetings sind, weil lange Reisezeiten umgangen werden können und man dadurch viel Zeit spart. Homeoffice und Videokonferenzen werden nach Corona auch weiterhin Bestand haben. Insofern haben wir zum Thema Meetings aus der Not tatsächlich eine Tugend gemacht, mindestens in unserer Unternehmensgruppe.

Was unser angestammtes Business angeht: Natürlich merken unsere externen Vertriebe, dass viele Investoren warten, wie sich die Krise weiterentwickelt oder irgendwann ausläuft. Das beeinflusst natürlich die Investitionsentscheidung. Unser Produkt wird aber von der Krise profitieren – bargeldloses Bezahlen ist mehr denn je angesagt, im Gegensatz zum Payment mit Bargeld, das Viren übertragen kann.

 

Wir befördern gerade unsere technologische Infrastruktur auf die nächsthöhere Ebene, so dass Bezahlen mit unserer weeApp und weeCard – unter der Nutzung einer e-Money-Lizenz – punktgenau für den Einzelhandel passt, der durch uns aktive Unterstützung im Kampf gegen Umsatzeinbußen bekommt. Das bezieht sich nicht nur auf seine Wettbewerber aus dem E-Commerce wie Amazon und Konsorten. Vielmehr sind wir mit unserer Digitalisierung der Shops und Sichtbarmachung über die weeApp als lokale Suchmaschine für den Einzelhandel ein wichtiger Partner.

Damit sorgen wir bei den Menschen für die Beibehaltung und den Ausbau von Lebensqualität – denn wir stärken den stationären Einzelhandel, der auf unser Mobile Payment- und Cashback-System vertraut, egal ob auf dem Lande oder in einer Metropole. Hunderttausende werden perspektivisch die Shoppingvorteile nutzen, die sich aus unserem System gleichermaßen für den Einzelhändler, seine angestammten und potenziellen Kunden ergeben.  

Zum Abschluss: Ein inzwischen Elder Statesman aus der Hochfinanz engagiert sich bei Mobile Payment, Cashback und Token? Ist dieses Business nicht eher etwas für die jüngere Nachfolgegeneration?

Immer diese Vorurteile! Ich bleibe mal beim Fußball und zitiere die Trainerlegende Otto Rehagel, der im zarten Alter von Mitte 60, also erheblich älter als ich heute (lacht),  Europameister mit dem Außenseiter Griechenland wurde und noch mit über 70 Jahren im Trainingsanzug auf der Bank von Hertha BSC im Bundesliga-Spielbetrieb saß. Eine seiner Botschaften, die sich bei mir festgesetzt haben, war: Es gibt keine alten und jungen Spieler – es gibt nur gute und schlechte. Ich bin wirklich dankbar dafür, dass ich derzeit noch einiges in Sachen neuer Technologien lernen kann, andererseits aber auch die durchweg jüngeren Mitstreiter mit meiner Kompetenz, das ist Wissen und Erfahrung, tatkräftig unterstützen kann. Solange ich hier noch wichtige Impulse setzen kann und mir der Job Spaß macht, gibt es keinen Grund, sich aufs Altenteil zu legen.