Start Anlegerschutz Fakten und Hintergründe: PIM Gold – Premium Gold Deutschland GmbH

Fakten und Hintergründe: PIM Gold – Premium Gold Deutschland GmbH

2277

Was wir wissen und was nicht – Interview mit Dr. Thomas Pforr, rechtlicher Leiter der Interessengemeinschaft PIM Gold

Was ist passiert? Nach der Durchsuchung durch Polizei und Staatsanwaltschaft Darmstadt der Geschäftsräume vom 04. September 2019 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen fünf Beschuldigte bekannt, dass Vermögen wurde beschlagnahmt. Der Chef Mesut P. befindet sich in Untersuchungshaft.

Worum geht es?

Dr. Thomas Pforr: „Der Goldhändler hatte verschiedene Vertragsmodelle. Die PIM Gold GmbH hat Privatkunden angeboten, Geld im Altgoldhandel zu nutzen und Gold zu kaufen. An dem Ertrag durch den Kreislauf der Goldwiederaufarbeitung sollten die Kunden verdienen. Problem: das Kundengold war in Bewegung bzw. im Tresor der Firma PIM Gold GmbH. Vertrieben wurde alles über die Premium Gold Deutschland GmbH. Das Gold wurde im Rahmen von Handelsgeschäften sozusagen gedreht.“

Weshalb lief das Geschäft zu gut?

Dr. Thomas Pforr: „Der Vertrieb über die Premium Gold GmbH lief gut. Das Paket stimmte. Gold lieben die Menschen. Es gibt als sicher und durch die Technik, die Räume und der Umgang als Goldprofis mit der Materie sowie staatlicher Regelungslücken im Gesetz war es möglich, dass so viele Menschen investierten. Ungefähr 3.4 Tonnen Gold für 150 Millionen Euro sollen seit 2008 gedreht worden sein. Das Geschäft begann nach der Finanzkrise 2008 und Zinsen und Rendite sind für Anleger ein wichtiges Argument in den Zeiten der Nullzinsen auf dem Sparbuch. Ungefähr 10.000 Kunden soll PIM Gold haben. Also drei Prozent Rendite war für Anleger ein Argument. Es gab verschiedene Produkte „Goldis Schatztruhe“ für Kinder zum Beispiel als Sparplan.“

Wie ging es weiter?

Dr. Thomas Pforr: „Der Goldhändler PIM Gold GmbH und die Vertriebsgesellschaft Premium Gold Deutschland GmbH (PGD) haben dann später Eigeninsolvenz angemeldet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kollege um Insolvenzverwalter wurde Dr. Renald Metoja von den Eisner Rechtsanwälte GmbH, Josef-Schmitt-Straße 10, 97922 Lauda-Königshofen bestellt. Das betrifft aber nur die PIM Gold GmbH. Die Insolvenzanträge für PIM und PGD (Aktenzeichen: 8 IN 403/19 und 8 IN 402/19) wurden bereits vor zwei Wochen eingereicht. Zwei Mitarbeiterinnen hätten kraft Generalvollmacht des in Haft genommen Mesut P. die Gesellschaften zwei Wochen noch geleitet.“

Was sind die Hintergründe des Skandals?

Dr. Thomas Pforr, RechtsanwaltDr. Thomas Pforr: „Die Gesellschaften hatten am Markt einen guten Leumund. Man wusste, dass diese unter Beobachtung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung und der Staatsanwaltschaft standen. Da ging es aber immer um andere Firmen (die Geldwäsche betrieben haben sollen) oder die Frage, ob ein Produkt eine Genehmigung nach dem Kreditwesengesetz braucht. Da ging es konkret um die Frage, ob das Kinder-Gold-Konto juristisch ohne Verkaufsprospekt vertrieben werden durfte. Die BaFin hat diese Meinung wohl nicht aufrecht gehalten. Da nichts passierte wertete man das eher als beruhigend. Zudem wussten Insider, dass ehemalige Vertriebler das Unternehmen und den Manager Mesut P. immer schlecht machten. Der Unternehmensleiter ist 48 Jahre alt und hat Familie und lebte für die PIM und Gold. Mit dieser Entwicklung konnte man wohl von außen nicht rechnen. Auch das wurde eher als Neid gewertet, genauso wie Cyberangriffe, die immer unklar waren. Vertrieb und Kunden waren jedenfalls zufrieden. Der staatliche Zugriff am 04. September 2019 wurde offenbar von langer Hand geplant.“

Wie hoch soll der Schaden sein?

Dr. Thomas Pforr: „Beim Goldhändler sollen mindestens 1,9 Tonnen Gold fehlen. Diese sollen verkauft worden sein, aber niemals für den Kunden eingelagert. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat die Fehlbestände in Höhe von 1,9 Tonnten bestätigt. Intern soll auch der in Haft befindliche Mesut P. das Fehlen von Beständen eingeräumt haben. Aber das sind Gerüchte. Die Staatsanwaltschaft hat bei einer Durchsuchung wohl 215 Kilogramm Feingold und 13 Kilogramm Altgold gefunden hat. Da muss man jetzt abwarten. Wir haben selbstverständlich das Recht auf Akteneinsicht und können für die Anleger zuarbeiten.“

Was wirft die Staatsanwaltschaft den fünf Personen vor?

Dr. Thomas Pforr: „Das ist Gegenstand komplexer Ermittlungen. Ein Schneeballsystem wäre es, um neu eingeworbene Kundengelder dazu einzusetzen, um Altanleger auszuzahlen und die Provisionen der Vermittler zu zahlen. Oder es ist eine Unterschlagung bzw. Betrug, weil Gold verschwunden ist. Das muss geprüft werden.“

Was bedeutet die Insolvenz für die Anleger?

Dr. Thomas Pforr: „Der Insolvenzverwalter übernimmt die Leitung der Firmen PIM und Premium Gold (hier ist der Insolvenzverwalter noch nicht bekannt). Die Anleger werden angeschrieben durch den Insolvenzverwalter und können einen Schadensersatzanspruch zur Insolvenztabelle anmelden.“

Was droht ausgeschiedenen Anlegern?

Dr. Thomas Pforr: „Kunden der PIM Gold, die in den letzten Jahren Goldbestände verkauft oder Bonusbestände erhalten haben, sind gefährdet. Der Insolvenzverwalter könnte diese Vermögensverfügungen nach der Insolvenzordnung anfechten. Dann heißt für ausgeschiedene Anleger Rückzahlung.

Was sind die Herausforderungen für den Insolvenzverwalter?

Dr. Thomas Pforr: „Sachenrechtlich muss der Insolvenzverwalter prüfen, ob die PIM-Gold-Kunden Gold zugeordnet werden kann. Der Vergleich zu der Insolvenz der BWF Stiftung führt dann zu dem Problem, wem das Gold überhaupt gehört und wie man damit umgeht. Juristisch in der Theorie geht die Zuordnung von Gold. Wir werden diesem Thema mit der Interessengemeinschaft IG-PIM Gold große Aufmerksamkeit schenken. Die Einzelheiten sind sachenrechtlich sehr komplex.“

Wie waren solche Geschäfte ohne staatliche Aufsicht möglich?

Dr. Thomas Pforr: „Die PIM Gold GmbH fällt in eine Regelungslücke, weil die Produkte Edelmetallgeschäfte sind, die nicht unter das Vermögensanlagegesetz fallen und somit nicht prospektpflichtig sind. Außerdem braucht man keine besondere Genehmigung, weil es sich nicht um Einlagengeschäfte nach dem Kreditwesengesetz handelt.“

Vielen Dank für das Interview.