Start Allgemein Bürgergeld kommt – aber nicht eine neue Lässigkeit

Bürgergeld kommt – aber nicht eine neue Lässigkeit

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Berlin, November 2022. Die Regierung arbeitet. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochmorgen den Gesetzentwurf (20/3878) zur Einführung eines Bürgergeldes angenommen. Die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP änderten den Text nach ausführlicher Debatte und Kritik, vor allem aus der CDU/CSU-Fraktion, in einigen Punkten. Die Koalitionsfraktionen stimmten schließlich dafür, während sich die CDU/CSU-Fraktion, die AfD-Fraktion und Die Linke enthielten.

Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP will mit dem Bürgergeldgesetz (20/3878), das in Koalitionserklärungen als die bedeutendste sozialpolitische Reform seit vielen Jahren bezeichnet wird, „die Hartz-Arbeitslosigkeit senken“. Die Grünen und die FDP wollen Hartz IV abschaffen. Zu den Ideen gehören eine „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ zwischen Arbeitssuchenden und Jobcentermitarbeitern, die Einführung einer zweijährigen Wartezeit, in der Vermögen und Wohnungsangemessenheit nicht geprüft werden, und die Stärkung der Hochschulausbildung durch finanzielle Anreize. Darüber hinaus wird der soziale Arbeitsmarkt verstetigt, und die Sanktionen werden deutlich gesenkt. Die üblichen monatlichen Leistungen werden deutlich erhöht, um der Inflation Rechnung zu tragen. Außerdem wird der „Vorrang der Vermittlung in Arbeit“ abgeschafft. Stattdessen sollen Geringqualifizierte bei der Absolvierung ihrer Berufsausbildung unterstützt werden, um ihnen den Zugang zum qualifizierten Arbeitsmarkt zu erleichtern. Eine umfassende Förderung soll Leistungsberechtigten helfen, „die aus verschiedenen persönlichen Gründen außergewöhnliche Schwierigkeiten haben, eine Beschäftigung zu finden.“

Geändert wurden unter anderem die Regelungen zur Erstattung von Heizkosten während der zweijährigen Wartezeit bei Beginn des Einkommens: Heizkosten werden nicht mehr in tatsächlicher Höhe, sondern nur noch in angemessener Höhe erstattet. Künftig müssen Leistungsberechtigte nicht mehr durch eine einfache Erklärung nachweisen, dass ihr Vermögen die Schwellenwerte für geschütztes Vermögen nicht überschreitet; stattdessen wird eine Selbstauskunft verlangt. Die Dauer des begleitenden Coachings für Langzeitarbeitslose bei Arbeitsaufnahme wird auf neun Monate erhöht und auf Jugendliche bei Ausbildungsbeginn ausgeweitet. Die Hinzuverdienstregelungen für Studierende und Kinder werden angepasst: Die günstigeren Regelungen zum Minijob-Verdienst gelten nun bis zu drei Monate nach dem Schulabschluss, die Freibeträge werden dynamisiert. Die Änderung des Vermittlungsvorrangs wird sich nicht nur auf die Berufsausbildung, sondern auf die Berufsausbildung insgesamt auswirken. Zusätzlich zu dem Änderungsantrag hatten die Koalitionsfraktionen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Reihe von Protokollerklärungen zur Verbesserung der Umsetzung vorgelegt.

Die CDU/CSU betonte in der Debatte, dass sie ihre Kritik an den Vereinfachungen bei der Vermögensfreistellung und der Mitwirkungspflicht während des Mutterschutzes aufrechterhalten werde. Ohne zusätzliche Mittel für die Jobcenter könne die Koalition die hochgesteckten Ziele des Gesetzes nicht verwirklichen. Die Linkspartei sprach auch die Einsparungen bei den Eingliederungsleistungen an und fragte, wie das Weiterbildungsversprechen der schwarz-grünen Koalition angesichts dieser Einsparungen umgesetzt werden könne. Die Fraktion kritisierte, dass das Bürgergeld ebenso wie Hartz IV keinen Schutz vor Armut biete. Die AfD bezeichnete das Bürgergeld als „historischen Fehler“, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands nachhaltig schädigen würde. Die Verwaltung untergrabe das gesellschaftliche Grundprinzip des Gebens und Nehmens.

Die Koalitionsfraktionen haben in den vergangenen Wochen das Bürgergeld verteidigt und insbesondere der CDU/CSU-Fraktion vorgeworfen, falsche Informationen über das Gesetz zu verbreiten. Weder sei Arbeit in Zukunft wertlos, noch sei es ein bedingungsloses Grundeinkommen. Die Einschränkungen beim Vermögenserhalt während der Elternzeit seien lediglich eine Frage des Respekts vor der Lebensleistung, und auch die Mitwirkungspflicht bleibe bestehen. Die Fraktionen stellten fest, dass es nicht um eine „neue Laxheit“ gehe, sondern um eine nachhaltige Eingliederung in den Arbeitsmarkt.